… und wie sie den Krebs „besiegen“
Eine meiner Motivationen für das hier war ja auch, dass es mit auf den Keks geht, wie alle Nase lang irgendein A-, B- oder C-Promi den „Krebs besiegt“ in Form von Yellopress-Berichten oder gar Büchern etc.
Meist hat es dann einen heroischen Kampf gegen den bösen Krebs gegeben. Oft genug war auch irgendeine obskure alternative Therapie oder wahlweise Krebsspezialdiät und sonstiger (meist tuerer) Humbug mit im Spiel, was dann natürlich ganz allein und ausschließlich den Ausschlag zum endgültigen und absoluten Sieg gegeben hat.
Ich gestehe gern jedem zu, sich auf seine ganz eigene persönliche Art mit so einer Diagnose auseinanderzusetzen. Nachdem ich das eine Weile auf meine mehr private Art getan habe, tue ich das ja hier ebenfalls mehr oder weniger öffentlich.
Was mich nervt und gelegentlich auch ärgert, ist der oft recht freizügige Umgang mit medizinischen und mehr noch pseudomedizinischen Zusammenhängen oder gar Empfehlungen.
Manchmal stellt sich das dem unbefangenen und (noch) nicht betroffenen Leser so dar, als brauche man nur die ein oder andere „Krebsdiät“ oder den ein oder anderen Psychopokus zu befolgen, und schon nimmt die Krankheit reißaus oder wagt sich erst garnicht an einen heran. Wenn man also keine „Krebspersönlichkeit“ ist oder immer schön die Himbeeren, die der Krebs angeblich nicht mag, oder sonstwas in sich hereinstopft, kann einem also üüüberhaupt nichts passieren. Und wenn es eine doch erwischt, dann „kämpft“ man ein bischen mit der Krankheit, macht selbstverständlich auch eine Krebsdiät, und alles ist wieder in Butter.
Wenn jemand unbedingt meint das so praktizieren zu müssen, dann mag er das in Gottes Namen tun. Das Ärgerliche, wenn dies von Prominenten kommt und dann mit einer gefährlichen Mischung aus Halbwissen und Selbstüberschätzung von ihnen selbst oder oft noch schlimmer von irgendwelchen mediznisch völlig ahnungslosen Ghostwritern publiziert wird, ist, dass dies einem Prominenten sehr leicht und ohne weiteres Hinterfragen als Wahrheit und allgemeingültige Handlungsempfehlung abgenommen wird. Wenn es nämlich einer so „bekannten und geschätzten“ Persönlichkeit geholfen hat, muss ja was dran sein.
Dass an einer „Heilung“ auch bei Promis, wie bei fast jedem anderen, zunächst mal und in ganz erster Linie die ganz banale Schulmedizin mit den mehr oder minder bewährten Vorgehensweisen die Erfolge bewirkt hat, wird oft genug verschwiegen oder zumindest in den Hintergund gedrängt.
Das hat dann unter anderem zur Folge, dass manche Ärzte die Bemühungen ihrer Patienten, sich über ihre Krankheit zu informieren, um etwas mehr auf Augenhöhe mit dem Arzt zu kommen, nicht mehr ernst nehmen und auch seriöse Informationen pauschal als populäres Geschwätz oder „Internet-Kram“ abtun, obwohl bei vielen, insbesondere seltenen, Krankheiten Patienten durchaus schon gleich gut oder besser informiert sein können wie/als ihre Ärzte.
Hinzu kommt, dass ich es zumindest fragwürdig finde, wenn sowieso schon priviligierte Menschen, die sich im Gegensatz zu den „normal Sterblichen“ in der Regel jede noch so teure Therapie leisten können, mit solchen mehr oder weniger unseriösen Dingen auch noch Geld verdienen müssen.
Selbstverständlich will ich hier nicht alle prominenten Krebsopfer und ihren öffentlichen Umgang mit der Krankheit als unseriös hinstellen. Es gibt durchaus Gegenbeispiele. Bei manchen kann man sich zwar über den Geschmack streiten, aber sie richten doch zumindest keinen Schaden an oder bewirken sogar Gutes. Ich denke da z.B. an Carreras oder den verstorbenen Schlingensief.
Kennst du „The Median is not the message“ von Stephen Jay Gould?
http://www.phoenix5.org/articles/GouldMessage.html
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Ich kannte ihn bisher noch nicht, aber jetzt 😉
Zum Statistik-Problem hatte ich mich ja auch schon mal kurz geäußert
https://drkall.wordpress.com/2010/09/13/jetzt-gehore-ich-ja-wozu-eigentlich/
Mittlere oder meinetwegen auch mediane Überlebenszeiten sind sowieso problematisch.
5- oder 10-Jahresüberlebensraten sins schon etwas aussagekräftiger aber eben auch „nur“ Statistik und eben meistens eine Zusammenfassung aller Fälle unabhängig von individuellen Prognosefaktoren. Und dem _Einzelfall_ kann natürlich sowieso keine Statistik gerecht werden.
Immerhin kann man bei entsprechend bewusster und vorsichtiger Interpretation zumindest eine grobe Abschätzung dafür bekommen, wie hoch die _Wahrscheinlichkeit_ ist, in 5 oder 10 Jahren noch am Leben zu sein. Wie es dann tatsächlich auskommt, steht natürlich auf einem anderen Blatt.
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Ich hab das ja mit NGM durch. Einfach den Krebs wegbeten und schon ist alles in Ordnung.
Ich werde wohl nie den Idioten vergessen der allen ernstes behauptet hat, dass er schon ganz oft Leukämie hatte und die jedesmal wieder problemlos dank Hamer wegging – der hat das echt geglaubt.
Rattenfänger, Geldscheffelei – gerade wenn etwas so essentielles wie die eigene Existenz bedroht ist, dann greifen viele buchstäblich nach dem letzten Strohhalm, egal wie wackelig er ist. Und oft wird dann auch wider besseren wissens blind dem geglaubt, der einem erzählt, was man hören will, der einem verspricht, dass man geheilt wird – egal was der Schulmediziner sagt.
Am Ende steht bei solchen Scharlatanen IMMER ein gebrochenes Versprechen, dass nichts mehr zählt, weil der Empfänger des Versprechens tot ist.
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