… und krank geworden?
Das kann ja schon mal passieren, man isst was, was man besser nicht gegessen hätte und verdirbt sich den Magen oder vergiftet sich im schlimmsten Fall sogar. Das ist hier aber nicht gemeint.
Hier soll’s drum gehen wie Ernährung angeblich oder tatsächlich das Risiko an bestimmten Kranheiten zu erkranken beeinflusst, und um die vielen neuen Säue, die diesbezüglich regelmäßig durch’s Dorf getrieben werden.
Die Schuldfrage hatten wir ja schon geklärt (?) aber die kommt natürlich auch in diesem Zusammenhang immer auf’s Tablett: „Hätteste mal die Himbeeren gegessen, dann hätteste das jetzt vielleicht nicht, Krebs mag nämlich keine Himbreeren.“ Nun, ich bezweifle, dass das so gewesen wäre, und sehr wahrscheinlich ist es nicht, und vor allem ist es in diesem wie in jedem anderen konkreten Falle weder beweis- noch widerlegbar.
Vor so ca. 10-15 Jahren meinte man ja noch, dass sich durch den Verzehr von täglich 5 Portionen Obst und Gemüse ca. 23% aller Krebserkrankkungen verhindern ließen. Davon musste man nun leider wieder Abstand nehmen. Die zugrundiegende Studie gibt’s als Abstract hier und als Volltext hier .
Vorweg geschickt sei Folgendes: Selbstverständlich macht aus verschiedensten Gründen eine Ernährung mit hohem Obst- und Gemüseanteil nach wie vor Sinn und ist auf jeden Fall gesund.
Ein aufschlusreiches Interview mit Prof. Dr. Heiner Boeing (Direktor der Abteilung Epidemiologie am Deutschen Institut fürErnährungsforschung in Potsdam und leitet die dortige EPIC-Studie) ist in einer Spezialausgabe von Spektrum der Wissenschaft erschienen.
In der Studie ging es speziell darum, zu klären ob ein hoher Obst- und Gemüseverzehr von mehr als 400gr am Tag geeignet ist das Risiko einer Erkrankung an Krebs generell bzw. einer Erkrankung an einem speziellen Krebs zu vermindern.
Vor dieser Studie wurden die Hinweise auf eine allgemeine krebspräventive Wirkung dieser Ernährung noch als „überzeugend“ eingestuft. Heute kann man nur noch für einige Krebsarten eine „wahrscheinliche“ präventive Wirkung annehmen. Eine allgemein krebspräventive Wirkung sieht man dagegen nicht mehr.
Auch muss man inzwischen bei der wahrscheinlichen präventiven Wirkung für einzelne Krebsarten wohl nach Obst oder Gemüse bzw. Obst und Gemüse unterscheiden. So scheint Obst und Gemüse eine präventive Wirkung bei Speiseröhren- und ggf. auch bei Magen- und Mundhöhlenkrebs zu haben.
Bei Dick- und Mastdarmkrebs könnte Gemüse, bei Lungenkrebs das Obst eine Schutzwirkung haben.
Für die beiden häufigsten Krebsarten bei Frauen bzw. Männern, dem Brust- und dem Proastatakrebs, lässt sich leider keine protektive Wirkung eines hohen Obst- und/oder Gemüseverzehrs feststellen.
Die Studie macht keine Aussagen darüber, ob und wie weit eine obst- und gemüsereiche Ernährung die Prognose von bereits an Krebs Erkrankten beeinflusst, sie beschäftigt sich allein mit der präventiven Wirkung.
Festzuhalten bleibt, dass es auf jeden Fall nach wie vor überzeugende Evidenz gibt, dass für andere weit verbreitete Krankheiten und Gesundheitsprobleme wie insbesondere Bluthochdruck, koronare Herzkrankheiten und Schlaganfall ein hoher Gemüse- und Obstverzehr sehr wohl eine präventive Wirkung hat. Besonders bereits von einer Krebserkrankung Betroffene werden diesbezüglich natürlich auch von einer solchen Ernährung profitieren, da eine gute Herz-Kreislaufgesundheit der Genesung nach einer agressiven Krebstherapie sicher förderlich ist.
Bei Herz- und Kreislauf scheint es aber auch noch den einen oder anderen Widerspruch zu geben. Angeblich ist die sog. Mittelmeer- oder auch Kreta-Diät so förderlich, da ja im Mittemeerraum die Herzkreislauferkrankungen und deren Folgen (Herzinfarkt, Schlaganfall) deutlich geringer auftreten sollen als bei uns. Das soll an der im Vergleich angeblich gemüsereicheren und weniger tierische Fette enthaltenden Ernährung liegen. Nun ist aber Griechenland (Kreta-Diät!) bei den Zahlen der Herzkreislauferkrankungen ganz weit vorn (Gesundheitsberichterstattung des Bundes) .
Auch die Euroheart-Studie zeigt, dass sowohl bei den Sterblichkeiten wg. Herzkreislauferkrankungen als auch bei den Schlaganfällen Griechenland ganz weit vorn liegt und Deutschland dagegen im unteren Mittelfeld und nur wenig über Frankreich und Italien liegt. Außerdem sind Island Norwegen und Irland ebenfalls gleich auf mit Frankreich und Italien oder besser, und diese Länder wird man wohl kaum als Mittelmeerländer bezeichnen wollen.
Kreta-Diät war also offenbar eine etwas vorschnelle Namensgebung, und das mit der vergleichsweise niedrigeren Rate an Herzkreislauferkrankungen rund ums Mittelmeer im Vergleich zu den nordeuropäischen Ländern stimmt eben auch nicht unbedingt. Womit ich nichts dagegen gesagt haben will mehr Gemüse, Obst und Olivenöl und dafür weniger Fleisch und tierische Fette zu sich zu nehmen. Schaden tut es vermutlich nichts, die Frage ist, ob es wirklich soviel nützt wie angenommen. Wobei, das Olivenöl ist ja grad auch mal wieder ins Gerede gekommen, aber das wäre eine neue Geschichte.
Zurück zum Krebs: Übergewicht scheint (bisher noch) ein Risikofaktor für diverse Krebse zu sein. Ein Artikel im Ä rzteblatt) bezieht sich auf eine Metastudie in Lancet (2008; 371: 569-78).
Dabei verwundert es mich dass man sich im Ärzteblatt über einige Zusammenhänge wundert während man andere als selbstverständlich hinnimmt. Zum einen wird spekuliert , was denn die mit dem Übergwicht korrlierten krebsauslösenden Faktoren sein könnten und stellt das, was sich (scheinbar) anbietet so dar, als wäre der Zusammenhang praktisch evident, obwohl man dazu keine harten Fakten vorlegen kann und stellt gar nicht erst in Frage ob das Übergewicht nun Ursache des höheren Krebsrisikos ist, obwohl es genausogut andere Ursachen für das erhöhte Krebsrisiko geben könnte, die ihrerseits Ursache des gleichzeitig durchschnittlich erhöhten Körpergewichts sein könnten. Bei der negativen Korrelation zwischen Übergewicht und Lungenkrebs geht man dagegen ganz selbstverständlich davon aus, dass dies am Rauchen liege, was einerseits den Lungenkrebs mit verursache (was auch nicht inZweifel gezogen werden soll) und zum anderen anorektisch wirke und damit das geringere Körpergewicht erkläre. Dies aber wiederum ohne konkrete Belege anzuführen, dass Raucher im Durchschnitt wirklich soviel weniger wiegen, als dass man diese negative Korrelation tatsächlich auch in ihrem Ausmaß erklären könnte. Dass Raucher nach der Aufgabe der Sucht oftmals (aber durchaus nicht immer) zunehmen, muss ja nicht heißen, dass auch die Mehrzahl der Nichtraucher schwerer ist als die Raucher.
Zum anderen wundert man sich bei anderen über fehlende oder nicht offensichtliche Zusammenhänge. An den (möglichen) Zusammenhang zwischen Körpergewicht und Alkoholkonsum hat dabei offenbar niemand gedacht.
Dass es Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen Übergewicht und Krebsrisiken geben kann, will ich nicht bezweifeln, aber auch hier wie bei vielen Studien sollte man eben vorsichtig sein und sehr genau darauf achten, Korrelationen und Kausalitäten nicht leichtfertig zu verquicken.
2 Antworten zu “Falsch gegessen”