Es ist stille geworden

10 Feb

auf diesem Blog.

Das liegt an verschiedenen Dingen, positiven wie negativen.

Einmal hatte ich, endlich, in den letzten paar Wochen wieder ein paar mehr Aufträge, nachdem es Ende Dezember und Anfang Januar traditionell ruhig war, was prinzipiell gut ist, aber nicht immer vollständig zu bewältigen war, obwohl ich das noch vor vielleicht 4 Jahren „mit links“ geschafft hätte. Dann war ich ehrenamtlich verstärkt für meinen Verband unterwegs, was auch in Zukunft so sein wird. Auch wenn das paradox scheinen mag, wo ich doch durch die Depression immer wieder sehr eingeschränkt in meiner Leistungsfähigkeit und -kraft bin, werde ich mein diesbezügliches Engagement verstärken, weil ich zum einen die Notwendigkeit sehe und zum anderen daraus auch erheblich Kraft und Sinn für mein übriges Leben ziehe. Ich werde mich für ein führendes Amt zur Wahl stellen und meine Aktivitäten gleichzeitig in einem bestimmten Bereich ausbauen aber auch auf diesen fokussieren.

Dann hatte ich vor zwei, drei Wochen wieder intensiveren Besuch der alten schwarzen Dame, was immer sehr lähmend wirkt. Obwohl es mir im Durchschnitt eher besser geht, kommen diese verstärkt depressiven Phasen immer wieder vor, die bei mir typischerweise eher kurz im Sinne von einer oder vielleicht zwei Wochen sind, in denen meine eingeschränkte Leistungsfähigkeit nochmal geringer wird und das Gefühl der weitgehenden Lähmung sehr stark wird.

Unter Moclobemid ist der Antrieb subjektiv insgesamt eher besser geworden, die Fähigkeit, die eigene Stimmung und die Gedankenkarussels bewusst zu machen auch. Die Fähigkeit diese positiv zu beeinflussen, hinkt noch, auch nach Abschluss des online-Depressionscoachings, das von meiner Krankenkasse angeboten wurde. Immerhin gelingt es mir immer mal wieder eines der dort kennen gelernten Werkzeuge, die bewusste Neu-/Mehrfachinterpretation von Gedanken und Situationen anzuwenden und im Kopf verschieden negative, neutrale und positive Varianten zu erzeugen und durchzuspielen. Keine dieser Varianten ist jeweils eine objektiv und allein wahre, doch bringt allein dieses Durchspielen manchmal den Absprung von dem Karussell, das die schwarze Dame im Kopf ans Rotieren gebracht hat. Noch gelingt das eher selten.

Ein ambulanter Therapieplatz hat sich noch nicht ergeben, wurde allerdings noch nicht allzu intensiv gesucht, ich hatte gehofft und hoffe immer noch in einer therapeutisch geführten Bewältigungsgruppe an der PIA unter zu kommen, wo mein Arzt tätig ist. Leider hab ich da noch keine Nachricht aber nochmal angefragt. Ich finde die Versorgungssituation für Betroffene, die nicht stationär behandelt werden müssen, können oder wollen, ziemlich katastrophal. Die Tatsache, dass ich in meiner näheren persönlichen Umgebung nicht der einzige Betroffene bin, macht es nicht einfacher.

Gleichzeitig wird mir aber unter Moclobemind, wie schon mal erwähnt, auch – endlich – bewusst, wieviel ich in den letzten Jahren an Kraft verloren habe. Das ist nützlich, z.B. um die eigenen Ressourcen einzuschätzen aber eben auch schmerzhaft und muss erstmal durchlebt werden. Bewusst wird mir auch, wie wenig resilient ich in bestimmten Bereichen geworden bin – ich war da schon immer gefühlt leichter zu beeinträchtigen als der Rest der Welt, aber es ist im Rückblick doch in den letzten zwei Jahren deutlich leichter geworden, mich aus dem Gleichgewicht zu bringen und schwieriger es wieder zu erlangen, soweit überhaupt möglich. Das möchte ich auf Dauer doch wieder ändern, und das ist für mich ein wesentliches Therapieziel. Ich werde wohl in dieser Hinsicht immer hinter der „Normalität“ zurück bleiben, aber ich möchte wenigstens ein Stück weit in diese Richtung kommen und mit dem Rest einigermaßen in Frieden leben.

Für mich interessant ist, wie selektiv sich die depressiven Phasen auswirken, etwas was mit erst in letzter Zeit richtig bewusst geworden ist und ggf. auch therapeutisch relevant ist. Bestimmte Bereiches meines Lebens sind kaum oder doch erheblich weniger als andere betroffen, das ist zum Beispiel mein Engagement in der Selbsthilfe, die mir allerdings auch überwiegend positive Verstärkung bringt. In anderen Bereichen, die teilweise existenzielle Bedeutung haben, bin ich durch depressive Phasen sehr stark beeinträchtigt und gegenüber auch kleineren Rückschlägen sehr empfindlich in dem Sinne, dass diese oft zu zeitweisen Lähmungen jeglicher problemlösenden Aktivität führen und Gedankenkarusselle auslösen, die diese Lähmungen wiederum verstärken. Die Medikation hat mir allerdings unter anderem die Erkenntnis vermittelt, dass es möglich ist von solchen Karussellen früher oder später abzuspringen, immerhin das. Ich würde aber gern noch schneller abspringen  und die schwarze Dame zum Abschluss des jeweiligen Besuches zur Tür hinaus komplimentieren können. Es ist für mich eine der Auswirkungen der Medikation, dass mir viele Dinge im Zusammenhang mit der Depression bewusster und rational zugänglicher geworden sind als vorher, da ich noch glaubte die Mechanismen doch bereits weitestgehend verstanden zu haben. Es ist aber noch ein ständiger Lernprozess mit der Hoffnung, dass besseres Verständnis auch die Bewältigung erleichtert.

5 Antworten zu “Es ist stille geworden”

  1. Arabella 10. Februar 2017 um 15:01 #

    Fein von dir zu lesen. Ich wünsche helle Damen.

    Gefällt 1 Person

  2. sue 10. Februar 2017 um 16:08 #

    Ich freue mich auch, mal wieder etwas von Dir zu lesen . . .

    Mir sind Bezeichnungen, wie „schwarze Dame“ etwas fremd. Für mich ist Depression nicht etwas fremdes das mich von außen überfällt, sondern ein, (mehr oder weniger fest) in mir verwurzelter Anteil von mir selbst.
    Dieses Gedankenkarussell kenne ich auch, mir hat das Bild vom Kreis geholfen, zu kapieren, dass ich besser „zu Ende“ denke anstatt im Kreis. Aber immer gelingt mir das auch nicht.
    Auch ich habe in den letzten Wochen wieder sehr deutlich gespürt, dass ich eben nicht aus allem raus bin, nur inzwischen (mein stationärer Aufenthalt war 2005) besser damit umgehen kann. Jedes Jahr merke ich, gegen Ende des Winters, wie anstrengend diese dunkel Zeit einfach ist. Dunkelheit und Kälte draussen, ziehen auf Dauer einfach auch nach drinnen und es kostet zunehmend Kraft, dagegen anzugehen.
    Auch mir hat mein Ehrenamt sehr geholfen und tut das noch immer. Daher kann ich Dein Engagement auf dieser Seite, sehr gut nachvollziehen. Das sind einfach oft wesentlich „sinnvollere“ Dinge, als alles was man beruflich so tut oder tun kann oder will . ..
    Inzwischen erkenne ich manchmal Dinge/Vorgänge/Menschen, die zusätzlich Kraft kosten, etwas früher und kann mich besser schützen. Bei negativen Dingen schaffe ich inzwischen, die innere Beteiligung deutlich kleiner zu halten, was für mich auch sehr hilfreich ist. Also ich rege mich manchmal innerlich nicht mehr ganz so auf, wehre mich aber trotzdem, da wo es sinnvoll ist . . . . . .
    Das war und ist, ein langer Übungs- und Lernprozeß. Aber man kommt voran und das alleine hilft eben auch schon.

    Ich drücke Dir die Daumen, dass Du Deinen Weg in Deiner Geschwindigkeit gehen kannst.

    Lieben Gruß
    Sue

    Gefällt 1 Person

    • Karl 10. Februar 2017 um 21:08 #

      Das Bild der schwarzen Dame, eigentlich schwarze lady, stammt nicht von mir, sondern von meinem Beaknnten Ulf, der auch betroffen ist. Ich fand es es auch für mich passend. Jemand, der sich in meinem Kopf schleicht, die mir einreden will, ich sei weniger wert, ich sei ein Versager, die mir weismachen will, dass, egal was ich auch tue, es doch keinen Erfolg haben wird und ich es dann auch gleich bleiben lassen kann, die mir erkläert dass es nichts gibt, für dass es sich lohnt das Bett zu verlassen.
      Das ist ein Bild, an dem ich arbeiten kann, mir überlegen kann, mit welchen Argumenten ich ihr begegnen kann, sie rauswerfen oder vor die Tür setzen kann, bis zum nächsten Besuch. Dass sie immer mal wieder aufkreuzen wird, kann und muss ich akzeptieren, aber sie ist nicht ich, wie ich war und wie ich zumindest annähernd wieder sein will. Sie muss zwischendurch mal gehen. Und letztlich möchte ich vielleicht soweit kommen, dass ich rechtzeitig merke, wenn sie vor der Tür steht, und sie dort stehen lassen kann. Es passt vielleicht nicht völlig, dazu bin ich zu rational, aber es ist etwas, mit dem ich arbeiten kann.

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      • sue 11. Februar 2017 um 10:15 #

        Das macht deutlich, dass Depression eben ganz, ganz unterschiedlich ist und sehr verschiedene Herangehensweisen notwendig macht. Am Ende ist nur wichtig, dass wir wieder zurück finden und uns in uns, und in unserem Leben gut fühlen 🙂
        Lieben Gruß
        Sue

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  3. Trippmadam 10. Februar 2017 um 20:40 #

    Alles Gute.

    Gefällt 2 Personen

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