Archiv | März, 2017

#ichbinhier

1 Mär

Ich auch, und ich finde es gut, dass so viele auch hier sind. Bei der Facebookgruppe #ichbinhier bin ich mehr oder weniger durch Zufall gelandet, nachdem ich ebenfalls auf Facebook über die Veröffentlichung einer Hassbotschaft gestolpert bin (es wurde auch in den Medien darüber berichtet). Die Leute vom Miniaturwunderland regten dann dazu an, sich gegen Hasskommentare, rassistische Äußerungen, Diskriminierungen, Verbreitung von Unwahrheiten ect. zu engagieren, zum Beispiel in der geschlossenen Facebookgruppe #ichbinhier. Ich hab mir die Gruppenbeschreibung angeschaut und um Aufnahme gebeten, die mir auch gewährt wurde, was sicher kein Privileg ist. Niemand, der nicht gerade Hassbotschaften oder ähnliches in seiner Timeline hat oder solche offensichtlich unterstützt, dürfte wohl abgewiesen werden. Sinn und Zweck der Gruppe wird beim BR ganz gut beschrieben.

Ich hab auch schon früher immer mal wieder, in letzter Zeit weniger, auf üble Kommentare auf einschlägigen Seiten und Profilen reagiert, teilweise auch heftiger, zwar nicht beleidigend aber bisweilen vielleicht doch mit einem etwas aufgeregteren oder sogar aggressiven Unterton. Zweifel, dass solche Reaktionen angebracht oder nützlich sind, hatte ich immer mal. Oft waren die Sachen, auf die ich reagiert habe aber so schwer erträglich, dass ich einfach reagieren zu müssen meinte. Manche Leute waren sich auch sicher, dass man scharf reagieren müsse, wenn man überhaupt irgendwas bewirken will. Ich hatte da meine Zweifel, aber ich hatte auch meine Zweifel, dass man ausschließlich mit betont respektvollem Einsatz viel erreichen wird.

Dann kam ich eben zu #ichbinhier und habe gemerkt, dass ein geballter Einsatz von überlegten, einigermaßen unaufgeregten und von Sachlichkeit getragenen Kommentaren durch hetzerische, Unwahrheiten verbreitende, diskriminierende Kommentare aus den Fugen geratende Threads in eine andere Richtung biegen können. Und ich mache jetzt einfach mal im Rahmen meiner Möglichkeiten mit.

Ich muss sagen, es tut gut zu erfahren, dass viele Tropfen gelegentlich eben doch den Stein höhlen können, dass es so viele und täglich so viel mehr Menschen gibt, die sich gemeinsam um eine bessere Diskussionskultur im Medium Facebook bemühen, dass man auch ein Stück weit getragen wird von so einer Gemeinschaft. Und schließlich erfahre ich dort auch etwas über mich selbst und lerne immer mal wieder zurückzutreten und zu versuchen eben nicht dem ersten Impuls folgend loszuschreiben sondern mit Bedacht zu formulieren und auch so zu denken. Nicht immer und sofort gelingt das, aber man lernt auch am Beispiel anderer. Für mich ist das eine gute und wertvolle Erfahrung. Die Hardcore-Hetzer, die überzeugten Stammtischler oder gar neue Nazis wird man kaum damit zum Nach- oder gar Umdenken bewegen können. Aber Grundstimmungen in entgleisenden Diskussionen lassen sich drehen, und das ist wichtig. Der Vernunft eine Stimme geben. Ich kann das nur empfehlen, es ist eine gute Selbsterfahrung, auch dann, wenn man vielleicht (zunächst) noch zögert aktiv mit zu tun und sich einfach anschaut, was dort passiert.

Zum Ende vielleicht ein Beispiel von heute. Ein Bericht auf der Seite von N24, ein bisschen zu reißerisch aufgemacht, man will ja Klicks bekommen. Darunter massenhaft Kommentare mit dem Tenor, dass das ja wieder nur Migranten gewesen sein können, obwohl davon nichts erwähnt wurde und obwohl das eigentlich erstmal überhaupt nichts zu Sache tut, welcher Herkunft die Störer waren. Es sollte doch eigentlich in erster Linie um das betroffene Kind gehen. Viele, viele Menschen, sicher weit über hundert Kommentare, kommentierten ganz überwiegend sachlich gegen Spekulationen, Unterstellungen, Hass an, und die üblen Kommentatoren verloren allmählich die „Lufthoheit“.

Und dann kommt aus den Reihen von #ichbinhier am Ende noch so ein Kommentar, der nochmal alle Spekulanten, alle Hetzer, alle diejenigen, die meinen, es könnte ja keine Deutschen gewesen sein, weil Deutsche sowas ja nicht tun, Lügen straft. Da dachte ich bei mir, es ist gut, dass es diese Initiative und diese Gruppe gibt. Und es ist gut sich ein wenig im Rahmen der Möglichkeiten zu beteiligen.