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Risiko?

6 Mai

Im Sinne von covid 19 Risikopatient zu sein ist relativ. Es heißt, bestimmte Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit bei einer Ansteckung einen schweren, ggf. sogar tödlichen Krankheitsverlauf zu haben. Höchstwahrscheinlich ist auch die Wahrscheinlichkeit erhöht Spätfolgen davon zu tragen. Sofern man sich informiert, welches die Risikofaktoren sind, kann man sich natürlich Gedanken, machen was und in welchem Umfang auf einen selbst zutrifft. Ich habe das getan.

Zunächst ist ja öffentlich hauptsächlich vom Alter die Rede, oft auch noch von Vorerkrankungen, wobei meist Krebs genannt wird. Letzteres ist jedoch pauschal kein Risikofaktor. Sodann diverse Komorbiditäten und Lebensstilfaktoren. Fangen wir also an:

  • Alter: Ich bin 63. Das Risiko steigt wohl ab 50 kontinuierlich an, und je nach Interpretation gehört man mit 60 oder spätestens 65 zur Risikogruppe bezüglich des Alters. Da ich mangels Fitness, insbesondere in den letzten Jahren auch durch die Aktivitäten der schwarzen Dame bedingt, vermutlich biologisch älter bin als kalendarisch, würde ich mich hier mal dazuzählen.
  • Vorerkrankungen: Die Schilddrüsenkrebserkrankung dürfte als solche eher nicht mehr relevant sein, da es zur Zeit kein aktives Krankheitsgeschehen gibt, was auch eine kürzliche Nachsorgeuntersuchung ergeben hat. Eine Chemothrapie gab es nicht, die Behandlungen/Bildgebungen mit radioaktivem Iod, die schon mal zu einer vorübergehenden Beeeinträchtigung des blutbildenen Systems führen, was mit einer Immunschäche einhergehen kann, sind zu lange her, um noch relevant zu sein.
    Relevant könnte das erhöhte Herz-Kreislaufrisiko in Folge der langjährigen Unterdrückung des TSH als Rezidivprophylaxe sein. Herz-Kreislaufprobleme werden immer wieder als Risikofaktoren genannt. Ein erhöhter Blutdruck, prinzipiell auch ein Risikofaktor, ist gut eingestellt.
    Ebenfalls sehr wahrscheinlich relevant ist die als Folge der zweizeitigen Schilddrüsenentfernung verbliebene einseitige Stimmbandlähmung durch Beschädigung des nervus recurrens. Diese führt dazu, dass wegen des fehlenden kompletten Stimmritzenschlusses kein effektives, produktives Husten möglich ist, um Schleim aus den Atemwegen nach außen zu befördern, weshalb ich immer mehr oder weniger dauerverschleimt bin und vermehrtes Sekret nur los werde, wenn es bereits relativ weit nach oben transportiert wurde. Das macht anfälliger für Lungenentzündungen und erschwert vermutlich auch deren Ausheilung.
  • Im Blutbild zeigt sich ein konstant leicht erhöhter Wert für Leukozyten, was auf eine chronische Entzündung hindeuten könnte, die durchaus relvant sein könnte. Was genau der Auslöser ist, ist unbekannt. Es könnte sich um die Psoriasis oder auch um die chronische Sinusitis handeln. Da die späte Phase einer covid 19 Infektion bei schwerem Verlauf mit einer massiven Entzündungsreaktion einhergeht, könnte dies den Verlauf verkomplizieren.
  • Ferner bin ich übergewichtig an der Grenze zur Fettleibigkeit, was ebenfalls ein bedeutsamer Risikofaktor ist.
  • Inwiefern sich die Dauermedikation mit verschiedenen Schilddrüsenhormonen, dem nichtreversiblen MAO-Hemmer als Antidepressivum, Pregabalin zur Beherrschung der Beschwerden der Polyneuropathie und dem Betablocker auswirken, ist mir nicht bekannt.

Insgesamt rechne ich mich schon zur Gruppe der Risikopatienten und befürchte bei einer Infektion, besonders bei einem größeren Virus-Inokulum durchaus einen schweren Verlauf ggf. mit Beatmungspflichtigkeit.

Als Konsequenz sollte ich besondere Vorsicht hinsichtlich Situationen mit erhöhter Gefahr einer Infektion walten lassen und diese nach Möglichkeit ganz meiden. Andererseits möchte ich mich auch nicht in die totale soziale Isolation begeben, auch im Hinblick auf die Depressionserkrankung. Ich bin damit auch abhängig vom solidarischen Verhalten meiner Umgebung und sehe die neusten Entwicklungen z.B. der Verweigerung Mund-Nase-Bedeckungen zu tragen mit großen Bedenken.

Neben der ziemlich konsequenten Beachtung der Hygiene habe ich meine Sozialkontakte eingeschränkt aber nicht eingestellt. Wo ich früher 3 mal oder auch öfter pro Woche Einkaufen war, habe ich dies im wesentlichen auf einen Einkauf reduziert. Soweit es nicht Dinge des ganz alltäglichen Bedarfs, der aus dem Supermarkt bzw. Discounter zu decken ist, betrifft, bestelle ich vermehrt online. Während des Einkaufs versuche ich Sprechkontakt weitestgehend zu vermeiden, trage eine Mund- und Nasenbedeckung, sofern ich von einer höheren Kundenfrequenz ausgehen muss, auch eine FFP1-Maske ohne Ventil.
Arzt- und Apothekenbesuche sind auf allernötigste reduziert. Kontakte zu den Nachbarn finden praktisch ausschließlich im Freien und auf deutlich größere Entfernung statt, wo die Übertragungswahrscheinlichkeit sehr gering ist.

Soweit meine Adaptation an das von mir eingeschätzte Risiko eines schweren Verlaufs einer covid 19 Infektion. Wie ich damit leben, was das mit mir und der Depression macht ist Thema eine eigenen Beitrages.

Selbstoptimierung wie weit kann ich das mitgehen?

25 Mär

Für den Weltkrebstag kommt der Post viel zu spät, weil ich auch sehr lange mit ihm schwanger gegangen bin, der war aber einer von mehreren Anlässen ihn zu schreiben. Ein anderer war eine Fortbildung integrative Onkologie mit dem Generalthema Prävention/Survivorship, an der ich kürzlich teilgenommen habe, und bei der das Thema im Titel eine sich überall ein wenig durchziehende Rolle spielte und auch explizit Thema eines Vortrages war. Außerdem habe ich auch hier früher schon einen Teilaspekt aufgegriffen, bereits in einem der ersten Posts. Letztlich bin ich mit dem Beitrag nicht wirklich ganz im reinen, aber irgendwann muss er mal veröffentlicht werden, sonst wird das nichts mehr, und die bis hierher investierte Zeit war vergebens.

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Eigentlich …

25 Sept

hatte ich ja geschrieben, dass Krebs, also mein eigener nicht mehr unbedingt hier Thema sein sollte. Da sich aber in der Leserschaft jemand eingefunden hat, für den Krebs als Wort und Diagnose offenbar eine ähnlich große Katastrophe bedeutet, bzw. bedeuten würde, wie es das für mich früher mal bedeutete, hier nochmal ein kurzer Exkurs, um das vielleicht mal etwas zu relativieren.

Ich habe heute meinen Befund der letzten Nachsorge im August bekommen. Das dauert immer ein paar Wochen, ist aber in Ordnung, denn ich habe das feste Versprechen der betreuenden Nachsorgeärztin, dass ich im Falle eines für mich bedeutsamen, also schlechten Befundes sofort benachrichtigt würde. Anfangs hat mich die Warterei übrigens trotzdem ziemlich verrückt gemacht. Somit dürfte klar sein, dass nichts weiter für mich Ernstes drin steht. Vit. D sollte ich mehr substituieren, ist wieder mal am etwas unterhalb des Normbereiches und sollte eigentlich eher im oberen sein wg. therapiebedingt höherem Osteoporoserisiko. Ansonsten alles, wie es sein soll. Ein paar vergrößerte Lymphknoten, die aber nicht verdächtig aussehen.

Ich war ein wenig überrascht, weil ich die Sache eigentlich schon vergessen hatte, und das ist die eigentliche Aussage dieses Posts: Es hat fast keine Bedeutung mehr für mich. Es wird mich allenfalls ein oder zwei Tage im Jahr beschäftigen, wenn ich zur Nachsorge gehe, und ich erwarte schlicht nichts anderes mehr, als dass dabei alles in Ordnung ist. Diesbezüglich ist das zur Normalität geworden. Das heißt auch: Die einst größte denkbare Katastrophe ist zur Nebensache geworden.

Ich weiß, dass das nicht bei jedem von einer Krebserkrankung Betroffenen so ist, aber es ist mittlerweile sicher bei der Mehrheit nach einer gewissen Zeit so. Es sterben immer noch viele Menschen an Krebs, aber es sterben auch viele Menschen an anderen Erkrankungen. Das möchte ich eigentlich denen sagen, für die das Wort Krebs immer noch der Hauch des Todes umgibt. Das ist ein falsches Bild, was leider auch durch die meisten Medien immer noch so verbreitet wird. Kaum jemand wird auf eine Schlagzeile aufmerksam werden, in der davon die Rede ist, das Promi X etwa an COPD erkrankt sei. Aber wenn es um Krebs geht werden alle hellhörig, und man hört, wie schrecklich das doch sei. Niemand muss begeistert sein, wenn er eine Krebsdiagnose erhält, aber letztlich sterben sehr viele Menschen, die eine erhalten, an etwas anderem.

Man sollte sich also nicht allein durch das K-Wort zu sehr erschrecken lassen.

Ernährung und Krebs

4 Apr

Mal wieder ein Krebsthema allgemeiner Art.

Eben wurde ich durch ein Like darauf hingewiesen, dass ich ja mal einen Beitrag zum Thema Ernährung und Krebs geschrieben hab. Das ist schon eine Weile her und Grundlegendes hat sich bei den Erkenntnissen, die ich damals darstellte, auch wenig getan. Ich habe inzwischen an einer Fortbildung für Ärzte, Ernährungberater und anderes medizinische Personal zum Thema Ernährung und Krebs teilgenommen, an der dankenswerter Weise auch Vertreter von Selbsthilfeorganisationen teilnehmen durften.

Es handelte sich um das Modul „Ernährung“ einer Fortbildungsreihe integrative Onkologie der Arbeitsgemeinschaft Prävention und Integrative Onkologie (PRiO) der Deutschen Krebsgesellschaft im August 2014 in Wiesbaden über zwei Tage.

Dort wurde in Ergänzung zu meinen alten Beitrag auch auf einige weitere Aspekte eingegangen wie die Frage, ob bestimmte Ernährungsformen wie omnivore, vegetarische oder auch vegane Ernährung bei Prävention und/oder Rezidivprohylaxe vorteilhaft sind. Außerdem ging es unter anderem um die Bedeutung von sog. Krebsdiäten, die in letzter Zeit immer wieder zur Prophylaxe und auch zur Behandlung von Krebserkrankungen propagiert werden. Es war eine für mich sehr aufschlussreiche Veranstaltung, bei der ich viel mitgenommen habe. Alle für mich gewonnenen Erkenntnisse hier darzustellen würde den Rahmen völlig sprengen. Ich habe den FAQ des SH-Forums des Verbandes, bei dem ich mitarbeite, eine relativ kurze Zusammenfassung geschrieben, die ich hier verlinken möchte, für den Fall, dass das Thema für den ein oder anderen interessant sein könnte, da ich weiß, dass auch hin und wieder immer noch Krebsbetroffene hier mitlesen.

http://www.sd-krebs.de/phpBB2/ftopic23886.html

Alles hat ein Ende

18 Sept

auch meine Krebsgeschichte?
Im Prinzip ja, hieße es bei Radio Eriwan. Das Ganze hier hat ja auch und am Anfang ungefähr mit gleichem Gewicht wie andere Themen auch als Betroffenenblog eines Schilddrüsenkrebspatienten begonnen. In der Beziehung sollte das auch so etwas wie Selbstreflexion meines eigenen Umgangs mit der Erkrankung werden, ist es auch teilweise geworden. Damit ist jetzt Schluss, das Thema hat ja auch schon seit längerem eine immer kleinere Rolle gespielt. Selbstreflexion findet weiterhin statt, aber nicht mehr öffentlich.

Wie schon erwähnt gab es vor kurzem nach gut 5 Jahren nochmal ein diagnostisches I131 Szintigramm mit weiteren umfangreichen begleitenden Untersuchungen, und daraus ergab sich keinerlei Hinweis auf ein Fortbestehen der Erkrankung. Ich habe eine zufriedenstellende Einstellung mit Schilddrüsenhormonen gefunden, kann mit der OP-Folge der Stimmbandlähmung im Großen und Ganzen gut leben, bin mir der Langzeitrisiken der TSH-Unterdrückung bewusst und habe jetzt mit meiner Schilddrüsenkrebserkrankung abgeschlossen.

Nachsorgeuntersuchungen werden natürlich weiterhin stattfinden, aber meine Krebsgeschichte wird auf diesem Blog nicht weiter stattfinden, solange es keine Hinweise auf ein Rezidiv gibt.

Das Thema Krebs wird mich auch hier weiterhin beschäftigen, wenn auch nicht mein persönlicher. Ich bin seit meiner Diagnose in der Selbsthilfe aktiv, und werde das weiterhin sein, soweit meine Ressourcen das erlauben. Und falls diese in Zukunft mehr erlauben sollten, werde ich da auch noch aktiver sein.

Ich habe real und virtuell Mitbetroffene und Betroffene mit anderen Krebserkrankungen kennengelernt, und deren Geschichten werden mich weiterhin interessieren und bewegen. Vielleicht wird die Gesundheitspolitik ein Thema werden, mit dem ich mich ebenfalls zunehmend beschäftige, vielleicht auch die seltenen Erkrankungen und die Probleme der von ihnen Betroffenen.

Alles andere, was bisher immer mal wieder Thema war, wird es bleiben, mal mehr mal weniger.

Solange man also hier nichts mehr von meiner persönlichen Krebsgeschichte lesen wird, darf man beruhigt glauben, dass alles in Ordnung ist.

Spätfolgen

4 Feb

Sunny hat einen Bericht gefunden, dass anders als anderswo  als „geheilt“ angesehene Krebspatienten bei uns mehr oder weniger allein gelassen werden, obwohl viele von Ihnen mit Spätfolgen der Therapie belastet sind.

Bei Schilddrüsenkrebspatienten betrifft dies in erster Linie die Folgen der jahrelangen (bisweilen lebenslangen) TSH-Supression wie kardiologische Probleme und Osteoporose. Daneben sind es die Folgen von relativ häufigen OP-Komplikationen wie Hypoparathreoidismus (Störungen des Calciumstoffwechsels durch Nebenschildrüsenunterunktion wg. bei der OP entfernter oder zerstörter Nebenschilddrüsen) und Recurrensparesen (Stimmbandlähmungen wegen Beschädigungen des N. recurrens), die diese Patienten belasten. Bei den SD-Krebspatienten wird wegen der auch noch sehr spät möglichen Rezidive zwar lebenslange Nachsorge betrieben, aber nicht alle Nachsorgeärzte wissen um die Langzeitfolgen oder nehmen sie ernst.