Ich bin ja außer hier auch in Facebook unterwegs. Das ist bzw. war für mich bisher überwiegend eher ein Platz zum Blödeln, Rumheulen ect., dies meist in einem kleineren Kreis. Ich nehme dort auch schon öfter mal zu aktuellen Dingen Stellung, geht halt fixer, ja und unverbindlicher als mit einem Blogbeitrag. So weit, so gut und schön. Eigentlich wollte ich dies und den Blog hier ja einigermaßen getrennt halten, zumindest was Verweise von hier auf Facebook angeht. Aber aus einigen aktuellen Anlässen, unter anderem auch wegen des Mordanschlags auf Henriette Reker, will ich da mal ein wenig von abgehen.
Bei der Erweiterung meiner Facebook-„Freundes“liste gehe ich eher sparsam vor, und so ist sie recht übersichtlich, vor allem eigentlich nicht mit „öffentlichen“ Personen gefüllt. Vor nicht allzu langer Zeit ist Heinrich Schmitz hinzu gekommen, eben jener aus diesem Beitrag. Das kam daher, dass ich nach der Geschichte mit der Petition und der hinterhältigen Aktion gegen ihn einige seiner meist öffentlich geposteten Facebook-Beiträge interessehalber gelesen und ihm daraufhin eine „Freundschaftsanfrage“ geschickt habe, die er freundlicherweise akzeptierte. Ich wollte mehr erfahren hauptsächlich über sein Engagement in Sachen Flüchtlingen. Nun stimme ich vielleicht nicht mit jedem Wort, das er so schreibt, bis auf den Buchstaben genau überein, aber die grobe Chemie stimmt einigermaßen.
Was das jetzt für diesen Blogbeitrag interessant macht, ist nicht so sehr, das, was er schreibt, sondern das, was ich durch ihn über die rechte, braune und fremdenfeindliche Szene erfahren habe. Nicht durch ihn selbst sondern dadurch, dass er regelmäßig auf Timelines und in Threads dieser – Widerlinge (mir fällt kein besseres Wort ein) – durch seine Kommentare dagegen hält, was neudeutsch wohl als Counterspeak bezeichnet wird.
Was ich da gesehen habe, übertrifft meine schlimmsten Befürchtungen und ist manchmal geeignet alle Hoffnung auf den Sieg der Vernunft gegen dumpfen Nationalismus und teilweise tiefbraunes Gedankengut und eben leider auch offenbar die Bereitschaft zu entsprechenden Taten fahren zu lassen. Mir wird manchmal im Wortsinne physisch übel, wenn ich da mitlese, und es wird mir wirklich sehr unbehaglich. Ich bekomme gelegentlich wirkliche Angst, was alles passieren könnte, wenn sich das weiter so ausbreitet und radikalisiert, wie es zur Zeit immer noch geschieht.
Immer öfter kann ich mich dann nicht mehr zurückhalten und mische mich ebenfalls ein. Intellektuell ist das das meist keine große Herausforderung, emotional schon. Ich bewundere die Menschen wie Schmitz, deren Nervenkostüm das scheinbar ohne größeren Schaden aushält, da täglich immer wieder gegenzuhalten und das nicht aus Selbstschutz zu ignorieren. Gelegentlich tue ich das, wenn es gar zu arg zu werden droht, weil mir manches von diesem hetzerischen Geschwätz doch ziemlich an die Nieren geht.
So komme ich zurück zur Titelfrage: War das jetzt gut, dass ich Heinrich Schmitz geadded habe und nun Dinge mitbekomme, die ich mir so schlimm nicht vorgestellt habe? Oder hätte ich das zur Schonung meines eher labilen Nervenkostüms besser sein gelassen?
Vermutlich war es letztendlich gut, und ich sollte mich wohl immer mal wieder ebenfalls einmischen, wenn ich es aushalte. Zumindest kann ich nicht mehr behaupten, von nichts gewusst zu haben.
Mir geht es ähnlich, im Moment halte ich mich aber auch wegen des Selbstschutzes zurück. Ich möchte eigentlich, dass mein Blog ein Ort bleibt, wo meine paar Leser gerne hinkommen. Andererseits kann man die Tatsachen und Tendenzen auch nicht ignorieren. Ich finde die Vernetzung auch wichtig, also, zu wissen, man schreibt nicht allein gegen Pegida, Neonazis etc. an. (Ich war vor einiger Zeit schon ein bisschen paranoid, weil ich um mich herum überwiegend Pegida-Sympathisanten zu sehen glaubte.)
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Man kann da auch leicht paranoid werden. Es ist auch immer eine Frage, wie weit da Sympathien überhaupt gehen. Das ist aber andererseits das Problem: Die Pedigisten holen auch relativ harmlose Menschen ab, die man zunächst wirklich nur als besorgte Bürger verstehen könnte. Welche, die vielleicht in der Verganenheit einfach nur besorgt um ihre Zukunft waren oder sich vom Staat im Stich gelassen fühlten, was ich in einigen Fällen sogar nachvollziehen kann, da meine persönliche Situation seit vielen jahren auch nicht rosig ist und ich mit zeimlicher Sicherheit auf Altersarmut zusteuern werde. Das ist nich timmer leicht wegzustecken, vor allem, wenn man immer gearbeitet hat, und nicht zu knapp.
Wenn solche Menschen aber erstmal von den Rattenfängern angefüttert sind, scheinen sie immer weiter hineingesogen zu werden, und es gibt erschreckende Radikalisierungen, die von Aussteigern hinterher oft selbst nicht mehr nachvollzogen werden können.
Da ist auch viel Gruppendynamik dabei, und solche Phänomene sind schwer zu kontrollieren. Ich habe Leute in diese Richtung rutschen sehen, von denen ich das nie gedacht hätte, und immer fing es relativ „harmlos“ an.
Heute morgen, als ich in einer Arztpraxis auf eine Blutentnahme und meine Grippeimpfung wartete, hörte ich (mehr oder weniger zwangsweise) eine Unterhaltung zwischen einer Frau und einem Mann mit, die beide vielleicht 5-10 Jahre älter als ich waren. Und es ging um „Die Flüchtlinge“. Natürlich müsse man was tun, die Armen hätten ja keine medizinische Versogung z.B. im Kosovo, da könne man schon verstehen, dass die weg wollten, und die Syrer sowieso. Die Dame kam aus der ehemaligen DDR, offenbar schon vor der Wende „geflüchtet“
Aber dann kamen eben auch relativ schnell die Vorbehalte.
„Ja wenn dene das Essen nicht schmeckt, sollen sie es eben sein lassen“ (sollte wohl heißen: wir hatten ja auch nix)
„Und wenn dann „die“ Männer aus der Hand von Frauen nichts nehmen wollen, dann kriegen „die“ eben nix.“
Solche Sachen verbeiten sich halt per mündlicher Überlieferung und es wird von einzelnen, vermutlich ausgeschmückten, Fällen auf ganze Gruppen geschlossen.
Und selbstverständlich kam auch das „… und dann ist man gleich rechts“
Was sagt man da?
„Waren sie eigentlich schon mal selbst in einer Flüchlingsunterkunft und haben das gesehen?“
„Nein, Sie sind noch nicht „rechts“ aber auf dem Weg dahin“
Vermutlich würde einem das schon als Angriff ausgelegt.
Ja ich war ein wenig zu feige, um sofort zu reagieren, und dann war die Gelegenheit vorbei, weil ich aufgerufen wurde. Ein schales Gefühl bleibt.
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